Hallo zusammen,
wie manche von Euch vielleicht wissen, haben wir in München einen sehr aktiven Pfeifenraucher-Stammtisch, der sich fast jede Woche trifft. Und da Pfeifenraucher nicht selten auch Whiskyliebhaber sind und ich von einigen von Euch weiß, daß Ihr Euch dafür interessiert, hier ein Bericht unseres letzten Treffens:
Letzten Freitag hatten wir ein Whisky-Tasting, das uns unser Gastgeber im Westend, Bodo Mauk, privat vermittelt hat: Lorenz Schreier, der Mann hinter "Tastingfellows" hat uns seine drei aktuellen Whiskys vorgestellt. Diese haben mir sehr gut gefallen, sodaß ich beschlossen habe (angestachelt von Gerd, mit dem ich mich schon per PN ausgetauscht hatte), meine Eindrücke "öffentlich" zu machen und so dem Projekt von Herrn Schreier etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen. Also der Herr Schreier ist eigentlich Banker und Whisky ist seine große Leidenschaft. Das Geschäft ist ein von viel Enthusiasmus geprägtes Hobby. Er ist wohl durch die Bekanntschaft mit der Tochter des Inhabers von SCOMA auf die Idee mit dem Fässer kaufen gekommen. Mich erinnerte das ganze etwas an unseren Hans mit seinen Tabaken - soviel Engagement und Leidenschaft ist etwas, was mir gefällt. An die Fässer kommt er über einen Broker. Der schickte ihm in diesem Fall 60 - 70 Faßproben aus denen er mit Hilfe von Freunden vom Münchner Whisky-Club drei ausgewählt hat, die er uns präsentiert hat. Er hat sich sehr kritisch gezeigt, was Qualitäten angeht und sagt, es sei außerordentlich schwer, was wirklich gutes zu bekommen. Viel zu oft sei die Qualität nicht angemessen.
Das Sortiment besteht aus drei Whiskys von der Speyside, ein 15-jähriger Macduff, ein 17-jähriger Miltonduff und ein 20-jähriger Glenburgie. Also leider nix rauchiges. Die Beschreibungen auf seiner Seite
http://www.tastingfellows.de/
sind an und für sich sehr zutreffend und charakteristisch.
Logischerweise sind alle drei sehr fruchtig geprägt. Der einzige, der einen Anflug von Rauchigkeit zeigt, ist der Miltonduff. Während der Macduff und der Glenburgie mit ihren Vanillenoten eher im Bourbon-Fass gelagert sein dürften, nimmt man beim Miltonduff am Anfang deutlich Sherry wahr. Obwohl die Fruchtigkeit diese Serie eint, unterscheiden sie sich doch sehr voneinander.
http://www.tastingfellows.de/whisky.cfm?folder=2
Der Macduff ist sehr Zitrusnoten betont. Es ist - bei aller Stärke und Schärfe - ein unglaublich frischer, fast "spritziger" Whisky. Ich habe noch nie einen Whisky probiert, der soviel "Frische" ausgestrahlt hat. Meiner bescheidenen Meinung nach sehr ungewöhnlich. Ein perfekter Aperitivwhisky, auch durchaus etwas kühler als Zimmertemperatur, vielleicht mit Weinkeller-Temperatur vorstellbar. Braucht ein paar Tropfen Wasser.
http://www.tastingfellows.de/whisky.cfm?folder=3
Will man den Miltonduff charakterisieren, dann ist es kraftvolle Wärme, die das Erscheinungsbild prägt. Wieder Fruchtigkeit, aber diesmal Steinobst wie Aprikosen und Zwetschgen, sehr cremig, fast karamellbonbonscremig im langen Abgang. Leicht medizinisch, sehr angenehm. Dazu eben auch ganz leicht rauchig. Gibt man etwas Wasser zu, so nimmt diese Cremigkeit zugunsten von vielschichtigen Fruchtnoten aber ab. Der Abgang wirkt unglaublich wärmend: so stellt man sich einen wärmenden Schnaps zuhause angekommen nach einem Waldspaziergang im Januar bei -15 Grad vor. Der Miltonduff ist unter den dreien der Whisky, der die meisten Nuancen entfaltet. Von sehr geschliffen fruchtig bis zum Kraftbolzen die ganze Palette. Für sich vielleicht der interessanteste der drei?
http://www.tastingfellows.de/whisky.cfm?folder=4
Der Glenburgie ist der "schwerste" von allen - nicht im Alkohol, aber in der fruchtig-süßen Geschmacksfülle. Wieder Zwetschgen, aber auch Kletzen und vor allem ganz deutlich Quittenbrot. Sehr rund, voll und lang! Er ist sozusagen das Gegenstück zum Macduff: ein perfekter schwerer abrundender Digestif nach einem anständigen Essen. Er ist der einzige, dem Wasser nicht wirklich weitergeholfen hat. Also auch mit 55,6% pur trinken! Wundervoll!
Ich kann sie alle drei empfehlen und war sehr angetan, wie Ihr sicher gemerkt habt. Und das, obwohl ich ja sonst eher auf Ardbeg, Talisker, Isle of Jura, Laphroig, Lagavulin etc. stehe. Leider hat Lorenz Schreier gesagt, daß man als "kleiner" absolut keine Chance hat, an bezahlbare und gleichzeitig qualitativ interessante Insel-Fässer zu kommen. Also das wirds wohl bei ihm auch in Zukunft nicht geben.
Ich hoffe, ich konnte Euch ein bißchen neugierig machen. Vielleicht hätte ich ein "AD" vorausschicken sollen, aber ich habe, wie Ihr Euch vorstellen könnt, nichts mit Herrn Schreier und seinem Geschäft zu tun.
Herzliche Grüße
Peter