- Offizieller Beitrag
Pfeifen Huber
Amerika Special
Das Land fern über dem großen Teich verheißt dem Pfeifenfreund auf dem alten Kontinent
nicht selten von großem Tabak zu träumen. Kommt doch von dort das Kraut,
das noch vor Jahrzehnten die Mühlen am laufen hielt und heute Ziel Nummer 1 aller
Gesundheitsapostel ist. Von den vielen Premium-Zigarren abgesehen, die aus Amerika
unsere Gestade erreichen, kommen auch Pfeifentabake aus dieser feucht-warmen Gegend.
Sutliff, G.L. Pease, McClelland, Cornell & Diehl stellen ein Meer an Spitzentabaken her, unter
denen viele Aromaten zu finden sind. Bei G.L. Pease weniger, bei McClelland gar nicht mehr.
Läuft für die Lobby…
Zu Ehren dieses großen Tabak-Landes stellt Huber den „Amerika Special“ her, einen Aromaten,
der die Tabaktradition widerspiegeln soll. Wie üblich wird sich auf der Homepage nicht
sonderlich über die Mischung ausgelassen, doch zumindest erfährt man, dass typisch
amerikanisch Burley und Virginia verwendet wurden, die reichlich mit Hickory-Nuss
aromatisiert werden. Mal sehen, was Huber, Kohlhase und Kopp da gemixt haben.
Tabakbild
Die Mischung ist in der üblichen 100g-Klemmdeckel-Weißblechdose untergebracht, die
eher nach Goldblech mit tiefgeprägtem Georg Huber-Enblem aussieht. Das finde ich sehr
nett anzusehen, das spartanische Design des Dosenaufdrucks ist eher na ja…
Aber darauf kommt es nicht an, könnte auch Großvaters selbstgezogener drin sein.
Deckel auf und heraus springt etwas, das nach Nuss und Vanille riecht, tief darunter noch
ein typisches Black Cavendish-Casing á la Süßholz. Süß, das ist hier definitiv Programm.
Die Mischung ist durchgehend in mittel- und dunkelbraunen Tönen gehalten. Den Schnitt
würde ich als Broad Cut bezeichnen, so was wie wild zerrissene Tabakblätter, manche Teile
lassen sich weit auseinanderziehen, manche sind eher feine Ribbons. Huber nennt es
Loose Cut, Wild Cut würde auch passen. Aber auch viele kleinere Krümel lösen sich aus dem
gequetschten Päckchen. Hier lauert Verstopfungsgefahr. Der dunklere Burley hat einen
leichten Überhang in der Mischung. Von dem Tabak ist nichts zu riechen. Er fühlt sich
beim Pressen leicht klebrig an, aber eigentlich nicht zu feucht. Das rührt wohl eher von der
heftigen Saucierung und dem dabei zugesetzten Propylenglykol her.
fdt.dsky-web.de/index.php?attachment/11256/
Pfeife 1
Ein Aromat erfordert eine meiner Aromatenpfeifen. Durch den eher feineren Schnitt/Riss mag
ich keine kleine Pfeife wählen und greife zu einer mittleren Kopfgröße. Die finde ich bei der
Hilson Jahrespfeife von 2001, einer Half Bent Brandy mit einer Bohrung von 19mm und einem
Volumen von ca. 11cm³. Die stopfe ich recht generös mit 3,2g frischem Stoff. Schon was fest!
Der Zug ist gerade noch OK, die Pfeife brennt auch OK an. Ein Nuss/Vanille-Hammer erwischt
mich voll, den Tabak vermisse ich zu Beginn doch sehr. Ich glaube nicht, dass der 9mm
Meerschaumfilter Schuld dran ist. Vielleicht ist die Süße vom Virginia, die Nussigkeit teilweise
vom Burley. Schwer zu sagen, wie schmeckt eigentlich Hickory-Nuss?
Nach 50 und 60 Minuten geht die Pfeife aus, nachdem sie zur Süße immer mal wieder etwas
Glykolisches hat aufkommen lassen. Danach legt die Würze stark zu, die Aromatisierung
schwindet. Die Würze ist aber niemals gleichzusetzen mit Stärke, so Kentucky-mäßig.
Eher eine Salzigkeit, so wie das Lecken an einem Salzstein. Von der Power her würde ich ihn als
leicht bezeichnen, die aufkommende Würze hebt sie etwas an. Nass raucht er sich nicht, bei der
von mir getätigten festen Verbringung wird er was feucht, ohne zu gurgeln. Doch heiß raucht
er sich durchgehend. Der Pfeifenkopf ist immer was wärmer als normal.
Übrig bleibt nach 1,5h etwas Asche mit einem kleinen verkohlten Pfropfen, der nicht nass ist.
Definitiv zu fest gestopft.
Pfeife 2
Vielleicht doch was zu feucht? Ich lasse ihn satte 2 Stunden trocknen, wobei er 4,2% was auch
immer verliert. Davon wandern dann 3,1g in die VAUEN McRooty 410, einer Half Bent Apple,
mit gleicher Bohrung und gleichem Volumen wie Pfeife 1.
Ich kann keine großen Unterschiede feststellen, die Pfeife ist auch sehr heiß. Nach 40 Minuten
geht sie mal aus, danach stellt sich wieder diese Würze ein.
Insgesamt brennt auch sie 1,5h Stunden. Der Tabak brennt nicht auf der Zunge, nur diese
aufkommende Würze kitzelt die Zunge eben so wie …Salz. Am Ende ist weniger verkohltes
Material in der Pfeife.
Pfeife 3
So, jetzt gehe ich noch weiter in diese Richtung und trockne den Tabak für 3 Stunden. Er verliert
4,6% und da scheint er an sein Limit zu stoßen. Teile der Blätter fühlen sich was crisp an. Ich packe
nur 2,8g in die VAUEN Regent 45, eine Half Bent Classic (?), deren Bohrung 21mm beträgt.
Mit rund 13mL hat sie ein größeres Füllvolumen. Der gut getrocknete Tabak ist also sehr fluffig
gestopft.
Der Tabak geht auch wieder gut in Flammen auf und brennt 30 Minuten problemlos runter,
während ich das Review schreibe. Nach dieser Stopf-Vernachlässigung geht er dann auch
aus, was sein absolutes Recht ist, ich Schuft. Die Asche ist fluffiger als meine Stopfkunst und
die Pfeife geht nach dem Planieren auch gerne wieder an. Nach 45 Minuten geht sie dann aber
wieder aus und die Würze meldet sich zurück. Wie bei den anderen Füllungen nimmt sie stark
zu bis das Material nach einer Stunde und 10 Minuten gänzlich pyrolytisch umgesetzt ist.
Im wahrsten Sinne des Wortes, denn es bleibt nur feinste hellgraue Asche über, ganz ohne
verkohlte Reste. Aber das Vergnügen war quasi das gleiche...
Resümee
Hubers Amerika Special (Warum eigentlich nicht America?) ist ein Hocharomat, der wenig Platz
für die kleingemixte Tabakbasis lässt. Er ist überhaupt nicht scharf, das hat er mit dem N° 1863
gemein, ebenso seinen Verlust der Aromatisierung nach der Hälfte der Schüssel. Dieser
aufkommende Glykol-Geschmack erinnert mich daran, was ich an den meisten Aromaten nicht
mag. Ja, der Nussgeschmack beim Anzünden ist wirklich gut gelungen, verliert sich nur nach
kurzer Zeit in einer Flut von Süße. Die Raumnote ist süß und leicht tabakig, nicht ganz Zigarette,
aber auch nicht weit davon entfernt, allerdings mit nem Schlag Sirup.
Auch dieser Tabak ist nicht schlecht, keine BC-Dachpappe, aber dafür rauche ich nicht Pfeife.
Für mich ist das Leben einfach zu kurz, um mittelmäßigen oder schlechten Tabak zu rauchen.
Mit 17,10€ für 100g bekommt man zwar ordentlich Tabak für sein Geld, aber ist er ein
ordentlicher? Macht er Amerikas Tabaktradition Ehre? Für mich nicht. Ich werde ihn zum
Einrauchen aufbrauchen.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln/kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld
„Trust me. I´m the leading expert on my own opinion.”