- Offizieller Beitrag
Flanagan
Hans Wiedemann hat der Pfeifengemeinde schon so manches Tabakschmankerl beschert und
so auch diesen Flake, der mit einer ordentlichen Portion Orientals ausgestattet sein soll, auf
deren Spuren ich mich derzeit durch den Tabakdschungel rauche. Die Zusammenarbeit mit
DTM lässt darauf schließen, hier einen Flake zu haben, der ohne viel Zusatzstoffe und mit
viel ursprünglichem Geschmack den Raucher überzeugen zu versuchen.
Das Schöne an Hans Tabakschöpfungen ist, dass er stets eine vernünftige Prosa zu seinen
Kreationen abgibt, die die Bezeichnung so nicht verdienen, sondern eine echte Beschreibung
des zu erwartenden Stoffes darstellt:
„Ätherischer Orient aus besten bulgarischen Anbaugebieten und kräftiger Darkfired Kentucky
prägen den Charakter des Flanagan Flakes. Süßer Zambia, ein Hauch Perique und
Handstripped-Virginias aus Indien runden diese mittelkräftige Mischung hervorragend ab.
Ein vollmundig und zugleich eleganter Flake für Freunde würziger, naturbelassener Tabake.
No added Flavour!“
Das liest sich doch schon mal sehr gut und passt in das gesuchte Schema. Hans lehnt sich nach
meiner Meinung verdammt weit aus dem Fenster, denn er macht recht genaue Angaben zur
Herkunft der Stöffchen und lässt den verehrten Kunden mit der Frage zurück, was denn passieren
möge, wenn einmal einer dieser Inhaltsstoffe nicht verfügbar sein wird. Wird er dann so
konsequent wie seine amerikanischen Kollegen von McClelland sein und die Produktion des
einen oder anderen Krauts einstellen?
So weit sind wir glücklicherweise (noch) nicht und so haben wir die Möglichkeit, uns mit diesen
Stoff umfangreich einzudecken. Sofern er uns denn mundet und das versuche ich jetzt für mich
herauszufinden…
Tabakbild
Wenn ich das richtig sehe, dann ist die von mir Anfang November erstandene Dose im September
des letzten Jahres hergestellt worden. Da der Tabak direkt von Dan Pipe bezogen wurde, stellt sich
die Frage, ob es sich dabei um einen Ladenhüter handelt. Mir persönlich ist das egal, damit habe ich
einen perfekt gereiften Tabak, den ich mit diesem Wissen mit Verzückung verkosten kann.
In der Dose liegt ein Stapel 6,5 x 5cm große Tabak-Platten, deren Dicke 1mm beträgt. Ich kann nicht
glauben, dass das wirklich 50g sind und wiege nach. Aber sowas von exakt, diese Runddosen können
Einen schon verwirren…
Egal, den Block aus der Dose genommen und DTM-like eine Scheibe so weit es geht an einem Stück
rausgepiddelt. Das Spiel kenne ich von all ihren Flakes, die kleben mehr aneinander als das sie
komplett bleiben. Schon eigenartig, denn sie begründen den schwachen Halt der Flakes mit dem
Fehlen eines Klebers, doch untereinander haften sie UHU-mäßig.
Der Geruch aus der Dose lässt erstmal auf Kentucky schließen, nach dem ersten Schwung schwächt
er sich aber etwas ab und Heu kommt zum Vorschein. Das Ganze wird von einer leichten Süße
begleitet, die mehr verbindet oder unterstreicht, als sich aufzudrängen. Auf jeden Fall sehr natürlich.
Erinnert mich ein wenig an getrockneten Schinken im Jutebeutel…
Farblich gesehen kann man einzelne Schichten ausmachen. Welche welche ist, mag ich mir nicht
zutrauen zu bestimmen. Schwarz ist hier nichts, bis auf ein paar helle Stückchen präsentiert sich
der Tabak in mittel- bis dunkelbraunen Tönen.
Die Feuchte des Tabaks hält sich ebenfalls DTM-like sehr im Rahmen. Allzu lange sollte man die
Dose nicht offen stehen lassen, dann hat man wortwörtlich nur Stroh über. So ist die Elastizität
genau auf dem Punkt und der Spaß kann beginnen.
Pfeife 1
Links Pfeife 1: Stanwell X-Mas 2001, Mitte Pfeife 2: Stefano Santambrogio 8-Panel-Pot, Rechts Pfeife 3: Oldenkott Corona 822
Bei der ersten ausgewählten Pfeife handelt es sich um ein älteres Rauchholz, dass schon einiges
an Tabak durchgesetzt hat. Die Brennkammer ist mit 20 x 39mm und einem Volumen von 11,5cm³
eine durchaus größere. Die mit Einsatz der Fingernägel vorsichtig gepuhlte Scheibe wird per
Knick/Falt/Dreh-Was auch immer-Technik in die Pfeife eingebracht und mit ein paar Krümeln
garniert. So kommen 4,2g Tabak in die Pfeife, der Zug ist (trotz Meerschaumfilter 😉) perfekt.
Zweimal anfeuern, was gut funktioniert (ist ja kein SG-Flake). Nach einer kurzen Wartezeit
legt er geschmacklich damit los, was der Duft aus der Dose verspricht. Grünes Heu, ich meine
eine leicht blumige Note ausmachen zu können, Richtung Geranie (?). Dies könnte ein Spiel
zwischen dem erdigen Kentucky und den Orientals sein. Der Nachgeschmack hat etwas metallisches,
eher rostiges. Ähnlich wie Blut…
Die Füllung brennt recht ungleichmäßig. Ich habe den Eindruck, dass erst die eine Seite vom
geknickten Flake brennt. Ich feuere kurz nach dem Start noch mal nach, allerding zwecklos.
Nach 10 Minuten wird der Rauch weicher und wärmer, die Aromen verschmelzen. Süße und
Erde spielen sich in den Vordergrund, doch brennen tut er immer noch nicht gleichmäßiger.
Er kitzelt die Zungenspitze etwas, ohne zu brennen. Heiß geraucht verliert er seine Nuancen
ohne fad zu werden, dann übernimmt der Virginia mit seiner Schärfe das Regiment. Lässt man
ihn abkühlen, stellt sich der volle Geschmack wieder ein.
Nach einer halben Stunde glimmt er regelmäßig durch und durch. Für einen gleichmäßigen
Genuss ist regelmäßiges Nachstopfen Glattstreichen der Glut erforderlich.
Nach rund einer dreiviertel Stunde legt die Intensität zu, was sicherlich mit dem Abbrand zu
tun hat. Die Neigung zum Heißrauchen nimmt ebenfalls zu. Der erdige Geschmack geht so in
Richtung von sandigem Waldboden.
Nach einer Stunde wird er „rostiger“ und muss ein paar Mal nachgezündet werden um rund
40 Minuten später zu Ende zu gehen.
Hans gibt den Flake mit einer Stärke 3 von 6 an, ich würde so weit gehen und ihm eine 4
verpassen, so etwas über mittlerer Stärke.
Die Asche ist recht fein, weiß-grau und hat wenige verkohlte Stücke. Die Schüssel ist nur leicht
feucht und die Reinigung problemlos.
Pfeife 2
Die Stefano 8-Panel-Pot hat zwar eine ähnliche Bohrung wie die Stanwell, doch fasst sie nur
10cm³ und hat damit ein mittleres Fassungsvermögen. Trotzdem nimmt sie so gerade einen
Flake mit 4,0g auf. In der X-Mas war ja auch noch ein wenig Platz…
Wieder im Knick/Falt-Modus eingebracht, brennt der Tabak auch wieder ungleichmäßig. Das
ist mir dieses Mal egal und ich zünde erst nach einer halben Stunde nach. Diesmal brennt er auch
eine Stunde 50 Minuten und wird hintenraus sehr Kentucky-würzig.
Die Geschmacksentwicklung ist ansonsten wie bei der ersten Pfeife, Asche und Reinigung auch.
Pfeife 3
Die Oldenkott (die leider viele Kittstellen hat) ist nochmal was schmaler und höher als die anderen
beiden, fasst aber soviel Tabak wie die Stefano. Da der Flake nicht geknickt reingeht ohne ihn zu
quetschen, entscheide ich mich für das Aufrubbeln, was bei dem Tabak einfacher ist, als eine Scheibe
ordentlich abzutrennen. Wieder gehen 4g in den Pfeifenkopf.
Der Geschmack ist ohne Filter gleich viel intensiver, doch ungleichmäßig brennen zu Anfang tut er
auch so. Nach knapp 40 Minuten wird nachgezündet. Der Tabak schmeckt so pfeffriger, eventuell
sorgt der Latakia-Geist der Pfeife für etwas Zähmung des intensiveren Kentucky-Geschmacks, der
sich nach einer Stunde durchsetzt. Da die Pfeife zu diesem Zeitpunkt ausgegangen war, kann auch
das Nachfeuern die Ursache sein. Der Tabak ist so meiner Meinung nach stärker, ich merke seine
Wirkung leicht. Nach etwa 1 Stunde und 50 Minuten ist Schluss, diesmal gibt es etwas mehr
unverbranntes Material in der Asche.
Resümee
Die Beurteilung des Tabaks fällt mir nicht leicht. Er ist sehr ursprünglich, nichts drängt sich in den
Vordergrund, die verschiedenen Ingredienzien ergänzen sich. Das ist vielleicht sein Schwachpunkt,
für mich drängt sich der Tabak nicht wirklich auf, weil er so besonders ??? ist. Nachdem ich den
Basma von Torben Dansk testweise geraucht habe, um seinen Geschmack aus einer Mischung
herausfinden zu können, muss ich feststellen, dass er zu Recht als Würztabak verwendet wird und
seine Anwesenheit diese verbindende Blumigkeit ergibt. Vielleicht ist es diese Geranie?
Gut ist der Tabak auf jeden Fall und man sollte ihn probieren, eventuell fällt dieser Samen bei
mir auf unfruchtbaren Boden. Es kann aber auch der Kentucky sein, den ich in höheren
Konzentrationen nicht so gerne mag. Filterlos drängelt dieser schon, was den Tabak für Liebhaber
dieses Stoffes zu einem „Muss man probieren“ werden lässt. Mir hat er gefiltert aus einer größeren
und weiteren Pfeife am besten geschmeckt, da spielt er alle Karten auf einmal aus.
Der Raumduft ist tabakecht, ohne zu sehr aufzufallen. Nichtraucher werden gestört sein, aber nicht genervt.
Bei einem Preis von derzeit 9,35€ für die 50g-Runddose werde ich mir noch eine bestellen und sie
eine ganze Zeit länger liegen lassen und dann sehen, ob ich ihn vermisst habe und ob er mich behalten
will.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld
„Trust me. I´m the leading expert on my own opinion.”