DTM - Salty Dogs (Plug)

    • Offizieller Beitrag

    DTM

    Salty Dogs


    Plug-Tabake üben schon lange eine Faszination auf mich aus. Dem Pfeifenanfänger
    werden gerne zu Beginn krass saucierte Tabake im Erdbeer-Créme-Melange-Style
    angedreht, die bei mir schon fast zur frühen Aufgabe führten. Flakes, Plugs und Curlies
    seien schon mal gar nichts für Anfänger, postulieren viele Gurus und dementsprechend
    auch viele Verkäufer. Alles Quatsch, milde und geschmacksflache Kräuter führen viel
    häufiger zur Hobby-Aufgabe durch falsche Rauchtechnik, das wusste Sir Alfred Dunhill
    bereits vor über 70 Jahren zu berichten.

    Bei diesem Tabak haben sich die Herren rund um Herrn Apitz zu einer besonders
    schönen Tabak-Werbe-Prosa hinreißen lassen:

    „In längst vergangener Zeit, als imposante Segelschiffe die „Sieben Meere“ kreuzten,
    wurden englische Matrosen vom Volksmund auch „Salty Dogs“ genannt. Sie trugen stets
    Sorge, einen taschengerecht gepressten Block süßen Virginiatabaks bei sich zu haben, von
    dem sie in Rauchpausen ein Scheibchen abschnitten, um es zu zerreiben und aus ihren
    Cutty-Pfeifchen zu rauchen. In schwerem Wetter bissen sie auch einfach ein Stückchen
    ab und genossen es als stimulierenden Kautabak.

    Ausgesucht süße Virginias mit einer kleinen Prise Perique und klassisch veredelt mit
    karibischem Rum wurden über längere Zeit in der Presse gereift. Das Ergebnis ist ein
    dunkelbrauner, vollmundig-süffiger Pfeifentabak traditioneller Art, der Ihnen einen
    angenehm kühlen und weichen Rauchgenuss beschert. Anders als ein gewöhnlicher
    Flaketabak wurde er nicht in Scheiben geschnitten, sondern im Stück als echter
    „Plug Tobacco“ verpackt. Genießen Sie ihn aus Pfeifen mit kleinerem Füllvolumen.“

    Das hat doch was Urwüchsiges, weckt den Seebären im Manne, oder nicht?

    Bei mir auf jeden Fall, bin ich in meiner Jugend doch jeden Sommer auf die Planken
    geschickt worden. Und trotz dem bekannten holländischen Wetter zur besagten
    Jahreszeit ist die Faszination an den segelnden Zeitgenossen geblieben. Jetzt möchte
    ich sehen, ob das auf für deren Tabak gilt.


    Tabakbild

    Der Tabak kommt im Pouch ins Haus und er lag schon länger im Schrank. Dann muss er
    auch zeitnah weg, dachte ich mir und riss die Verpackung auf, was sich aber als gar nicht
    so einfach herausstellte. Hier wurde massiv verschweißt. Als das Beutelche endlich
    zerfetzt war, guckte mich ein kleiner Block im Kunststoff-Seitling an. Dan Pipe
    verschweißt ihn nochmals in PP-Folie. Vorbildlich!

    Raus aus der zweiten Haut präsentiert sich ein sehr dunkler Tabak-Block mit einer Länge
    von 66mm bei 32mm Breite und 20mm Dicke. Von der Farbe her geht das dunkle Braun
    schon ins schwarz über mit einzelnen hellen Stippen. Das Ganze erinnert schon schwer
    an eine dunkle Schokolade, so mit 70% Kakao oder mehr, mit Mandelsplittern.

    Der Geruch des Blockes verstärkt das Ganze noch, kaum tabakig, eher süß mit einer
    leichten Süßholznote. Die Vernunft hält aber das Gebiss vor voreiligen Aktionen zurück,
    der Plug ist knochenhart, da bröselt nix. Seine aus ganzen Blättern bestehende Oberfläche
    hat einen matten, leicht speckigen Glanz, doch abfärben, oder gar abblättern, tut da nichts.
    Um ihn rauchen zu können kann man ihm vielleicht einen ordentlichen Schlag geben und
    einzelne Platten kleinknistern, aber wenn ich schon einen Plug rauche, dann wird er
    natürlich ordentlich geschnitten. So schneide ich mit dem Biltong-Messer
    Flake-Scheiben in der Größe 32x20x1-2mm.


    Pfeife 1

    Links Pfeife 1: Stanwell Royal Rouge 11 Mitte Pfeife 2: Stanwell Featherweight 304 Rechts Pfeife 3: Biermann Billiard

    Ganze vier dieser Scheibchen bereite ich nach Rubbel/Roll-Methode für die Meerschaum-
    bewehrte Stanwell Royal Rouge 11 vor und bringe sie so in den 10cm³-mittelgroßen Kopf,
    der sich bei vielen für Flakes durchgesetzt hat. Damit liegen da nun 5g Brennmaterial. Dichter
    Stoff. Daher der Tipp mit den kleinen Köpfen…

    So aufgearbeitet fühlt er sich etwas feucht und ölig an, der Zug ist super-leicht. Der Kaltgeschmack
    geht in die Richtung Lakritz und, tatsächlich, Rum, aber nicht unbedingt der strohige. Feuer
    mag der Tabak zunächst gar nicht und er verlangt nach viel Gas für das zweifache Vorglühen.
    Vielleicht muss ich ihn doch vorher etwas auftrocknen. Aufbäumen tut er sich aber nicht
    so arg.
    Beim Start ist er sehr Virginia-süß, Süßholz und Rum sorgen für eine kompakte Verwobenheit.
    Brotnoten und fruchtige Töne von Trockenobst in einem süßlichen Geschmack, ja, Perique
    gibt seinen Teil hinzu. Sofort merke ich: Aus, der brennt ja gar nicht. Hatte ich schon erwartet,
    doch da „enttäuscht“ er mich. Cremiger, satter Rauch. Der Rum spielt hier, wenn überhaupt,
    eine verbindende Rolle. Auch das in vielen Aromaten mit der Maurerkelle hinzugefügte
    Süßholz tritt im angezündeten Zustand brav in den Hintergrund und ist eher ein Gefühl. Der
    Tabak erzeugt am hinteren Gaumenbereich eine leichte, trockene Bitterkeit. Beim ersten
    Nachzünden erzeugt er was Kondensat und bäumt sich nun stärker auf. Danach ist er gleich
    wieder da, malzig und süßer, dunkler Virginia.

    Ich muss allerdings sehr regelmäßig in kleinen Zügen daran arbeiten, den Tabak am brennen
    zu halten. Trotzdem wird er nicht heiß, der Pfeifenkopf bleibt handwarm. Im Rauchverlauf
    legt die Süße etwas zu, ist der Tabak knapp mittelstark beim Zünden, überschreitet er jetzt
    leicht die Mittelmarke. Nach einer Stunde 40 Minuten wird er etwas holzig, das kann aber
    daran liegen, dass es 10 Minuten später Schluss ist und das Rauchholz etwas spendet.

    Nach dem Ausschütten der Asche sieht die Pfeife normal feucht aus, der Filter hat schon viel
    weggeschnappt, was man ihm anmerkt. Für mich überraschend ist, das die Pfeife aber nicht
    stark verschmutzt ist. Die Asche ist hellgrau mit ein paar unverbrannten „Brett“stücken.


    Pfeife 2

    So so, kleine Pfeifen. Kann ich auch und benutzte die Stanwell Featherweight Sand
    304, eine Half Bent mit knapp mittlerem Volumen von 8cm³. Dafür nehme ich drei
    Flake-Scheiben, die trotz längerem Trocknen gerade mal ein Prozent Wasser
    freigeben, und bringe sie per Knick und Falt in den Kopf ein. Wieder recht spack,
    die 4,9g. Das quittiert mir der Tabak auch mit schnellem Ausgehen und flachem,
    heißem Rauch. Ich muss ganz schön oft stopfen und nachzünden bis sich der
    gewünschte Geschmack einstellt. Aber auch die kleine Pfeife brennt eine Stunde
    und 35 Minuten und fabriziert eine sehr fluffige hellgraue Asche mit einem höheren
    Anteil unverbrannter Stücke. Der Pfeifenkopf sieht sehr trocken aus, der Meerschaum-
    filter aber verfärbt und feucht.


    Pfeife 3 

    Filterlos kann man ihn bedenkenlos rauchen und da ich den größeren Pott bisher
    besser fand, fällt die Wahl auf eine Volker Biermann Billiard mit größerem Füllvolumen
    von 11,5cm³. Mit 22mm-Kopfweite stellt sie selbst noch die Stanwell 11er in den
    Schatten. Die 5,5g Tabak-Scheiben werden quasi in den Kopf gekugelt. Wie üblich
    verbrauche ich sehr viel Gas um ihn ans Laufen zu kriegen. Der Zug ist aber wie

    gewohnt sehr leicht, noch leichter, da ohne Filter. Zündhölzer würde ich erst gar
    nicht versuchen, doch wenn er brennt, produziert er einen satten, sehr süffigen,
    fülligen Rauch. Nichts drängt sich in den Vordergrund, der Rum rundet angenehm ab.
    Beim Feuern kann er oFi schon was kräftiger werden. Der Tabak ist so aber zu
    feucht und braucht eine Menge Relights (Hatte ich schon angemerkt, dass ich
    dringend meine Gier zügeln muss…?). Doch alles in allem ist er oFi nicht so
    glattgezogen, zeigt die einzelnen Aromen akzentuierter, was mir gefällt, auch wenn
    er gerne mal ein Tröpfchen Kondensat verschleudert. Häufiger Pfeifenreiniger-
    Einsatz ist also angezeigt. Ich halte ihn NUR eine Stunde 50 Minuten am Glimmen,
    dann will er nicht mehr. Bringt nix ihn zu quälen, doch die Asche ist eher
    dunkelgrau und noch einiges unverbranntes, feuchtes Material da.
    OK, oFi dann doch lieber in einer kleineren Pfeife.

    • Offizieller Beitrag

    Resümee


    Als der Tabak im Jahre 2014 auf den Markt kam, hatte ich ihn gleich probiert, war
    aber mit seinem gleichbleibenden Geschmacksbild nicht wirklich glücklich geworden.
    Das hat sich nun geändert. Ich weiß nicht, ob die Zusammensetzung ein Lifting
    erfahren hat oder ob ich einfach eintöniger geworden bin… Ne, nee, glaub ich nicht.

    Vielleicht liegt es auch daran, dass ich fast nur noch Flakes und Plugs rauche, aber
    dieser Plug hat es mir wirklich angetan. Vielleicht hatte ich ihn auch zu sehr mit
    dem 3Ps verglichen. Ich mag ihn sehr gerne, seine Sanftheit, die cremige Fülle des
    Rauches mit seinen dunklen Virginias, ein schöner Feierabend-Tabak, den ich da
    grad rauche, und das aus deutschen Landen. Ich habe ihn seither regelmäßig geraucht
    und er geht weg wie geschnitten Plug. Ich werde mal zwei Blöckle ins Glas packen.

    Ich habe ihn auch noch in einer recht schmalen, hohen Wessex Jahrespfeife von
    2001 geraucht (schrecklicher Lacküberzug) und ihn vorher 3 Stunden (!) trocknen
    lassen bei recht trockenem Endwinterwetter und da hat er gerade mal 4% Wasser
    abgegeben, da brannte er besser, aber alles in allem war nicht mehr rauszuholen.
    Da brannte er so fix, dass die 5,2g in anderthalb Stunden weg waren.

    Er schreit auf jeden Fall stets nach dem Stopfer, der auch mal kräftiger angewendet
    werden muss, da sich gerne feste Asche/Tabak-Strukturen aufbauen. Die Raumnote
    ist süßlich und eher unauffällig, Kritik muss er wohl nur von hartgesottenen
    Nichtrauchern ertragen.
    Meine uneingeschränkte Empfehlung hat er, mit 10,25€ für 50g-Plugtabak ist er auch
    wirklich erschwinglich.


    Bewertung:

    Geschmacksintensität:  Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen Dicht / Überwältigend

    Nicotin-Punch:                Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel

    Aromatisierung:             Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine

    Raumnote:                       Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung

    Zungenaggressivität:    Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand

    Empfehlung:                   Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld


    „Trust me. I´m the leading expert on my own opinion.”

  • Hallo Thorsten,

    wiedereinmal ein wirklich schön zu lesendes Review ‼️

    Wahnsinn wie viel Arbeit du dir damit machst.

    Bei mir würde solch eine umfangreiche Beschreibung aller Wahrscheinlichkeit nach Monate dauern bis ich es ausformuliert hätte und dann käme nochmal genauso viel Zeit hinzu um es mit meinem Zweifingersystem auf zu schreiben 😲

    Obwohl mir der Umgang mit Plugs eigentlich zu umständlich ist (ich bin nicht soo der Seefahrer ☺️) kommt der jetzt auch Mal auf die "Nochzurauchen-Liste"

    Beste Grüße und noch einen schönen Abend

    -Frank-

    (der sich gerade anstatt der Kippe auf dem Arbeitsbalkon, ein Pfeifchen im heimischen Wohnzimmer wünscht)

    ... ein Narr wer Boeses dabei denkt... a024.gif

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Frank,

    das freut mich. Natürlich ist das ein Bisschen Arbeit, aber vieles ergibt sich schon beim Rauchen

    des Brennstoffes. Ich trage bei neuem Material meine Erfahrungen in eine Kladde (ähnlich wie Rainer)

    und setze mich dann ans Werk, wenn meine Frau mich aus dem Wohnzimmer vertreibt ;).

    Besonders freue ich mich, wenn mir das Testobjekt auch entsprechend dem Aufwand Spaß

    macht, so wie hier. Und wenn ihr Spaß dran habt...

    Frohe Ostern

    (aber nicht auf dem Balkon, das Wetter ist echt <X)

    Thorsten

  • Moin Thosten,

    schön, daß noch jemand Reviews schreibt :)

    Flakes, Plugs und Curlies
    seien schon mal gar nichts für Anfänger, postulieren viele Gurus....

    Dazu gehöre ich ebenfalls !

    (auch wenn ein selbsternannter Experte vonne Tanke auf Youtube auch mal meinte, die "Experten" wollten solche Tabake nur für sich behalten <X ).

    Nicht wegen des Geschmacks / Raucherlebnisses / etc,

    sondern weil neuer Raucher fast immer auch neue Pfeife bedeutet;

    und Presstabake eben punktuell sehr heiß werden können 8o

    In einer Eingerauchten/Estate/Meerschaum/Ton probiert: Warum nicht,

    aber wenig Erfahrung + neue Pfeife + Curly/Plug/Flake... - da würde ich "erstmal Finger weg" sagen !

    Kann zwar auch gut gehen, aber die Chance auf Durchbrenner ist nicht zu leugnen.

    saucierte Tabake im Erdbeer-Créme-Melange-Style

    klassisch veredelt mit karibischem Rum

    Womit wir wieder bei Geschmack sind, und nicht bei "Naturnah" / "veredelt" ;) SCNR

    Manni

    pfiffig kommt von Pfeife...

  • Vielen Dank, sehr schön geschrieben. Für mich persönlich ist es spannend, dass die Pfeife doch Einfluß auf den Geschmack hat. Früher war ich der Meinung, dass es allein der Tabak ist. Wenn ich eine neue Pfeife bekommen hatte, kam immer die Frage : Und, wie schmeckt die? Darauf war meine Antwort immer : Die Pfeife hat keinen Einfluss auf den Geschmack, sondern nur der Tabak. Jetzt, wo ich wieder häufiger Pfeife rauche, muss ich sagen, dass die Pfeife sehr wohl einen Anteil am Geschmack hat. In sofern eine gute Idee mehrere Kombinationen bei einem Tabak auszuprobieren.

    VG

    Jojo

  • N`Abend Joachim,

    die Lage und Ausführung der Bohrungen sicherlich ein klein wenig, vielleicht auch das Holz - das Meiste aber IMO der Raucher selbst ....

    Beste Grüße - Manni

    pfiffig kommt von Pfeife...

    • Offizieller Beitrag

    Gud´n Mittag,

    bis das Review von mir hier erscheint, habe ich normalerweise den Tabak noch in weiteren Pfeifen geraucht,

    auf nüchternen Magen, abends nach dem Essen, nach anderen Pfeifen oder als erstes oder auch mal öfter

    nacheinander geraucht. Immer empfinde ich ihn etwas anders. Aber die Pfeifen machen schon einen großen

    Anteil am Geschmackserlebnis. Für mich ist es so, dass sich die eine oder andere für diesen Tabak aufdrängt,

    manchmal vor dem Start, manchmal erst im weiteren Verlauf. Ja, die Pfeifen machen echt was aus, hatte ich

    bei meinen Anfängen auch nicht gedacht. Kann die abgerockteste sein oder das neue Stück, super gereinigt

    oder zugecaket, wer weiß? Versuch macht wie immer kluch...

    Normalerweise stehe ich auf Pfeifen mit Silber- oder Holzapplikationen am Übergang zum Mundstück, aber

    bei Virginias oder VA mit wenig PE greife ich immer wieder zur Stanwell Royal Guard 87. Nicht mein Shape

    und ziemlich simpel, aber da trumpft sie voll auf. Bei ihr reduzier ich auch nur selten den Cake und

    Salz/Alk-Reinigung mache ich nur im Notfall.

    Gruß

    Thorsten