- Offizieller Beitrag
English Perique
Neben den vielen Aromaten, die ich das letzte Mal bei Pfeifen Huber bestellt hatte und
die mich bisher nicht davon überzeugen konnten, dies wieder zu tun, sollten auch ein
paar naturnahe Rauchstoffe sein. Nach dem „Golden Virginia Flake“ kommt jetzt dieser
hier an die Reihe, dessen Name sich nach kernigem Material wie dem Rattray’s
„Hal o‘ the Wynd“ oder dem „Louisiana Broken“ von HU anhört. Statt Kohlhase und
Kopp zeichnen sich für den „English Perique“ DTM verantwortlich, die Perique ja auch
draufhaben, z.B. mit dem „St. Bernard Flake“.
Laut Beschreibung von der Huber-Seite besteht dieser Loose Cut aus Burley, Virginia,
Perique und Black Cavendish. Die Stärke wird mit Mittel angegeben und, was die
Erwartung an einen naturnahen Tabak etwas dämpft, eine deutlich vorhandene
Aromatisierung, und zwar „Perique“.
Ist es nun Schweinebraten in eigenem Saft oder Hackbraten in Schweinebraten-Soße?
Tabakbild
Nach dem Öffnen der typischen Huber-100g-„Gold“dose poppt dem geneigten Kraut-
vernichter eine bunte Mixture entgegen, was eher auf den Schnitt als auf die Farbe zu
beziehen ist. Das meiste ist mittel- und dunkelbraun, manche fast schwarze Stücke
lassen sich finden. Der Tabak scheint mir geschnitten, gepresst, ready rubbed, gerissen,
alles was man sich vorstellen kann wurde hier zusammengemischt. Nennt sich also
„Loose Cut“. Kleine Flakestücke sind auch zu finden. Virginia, Burley und Black
Cavendish lassen sich ausmachen, den Perique kann ich so nicht finden.
Der Geruch aus der Dose erinnert an fermentierte Pflaume und ein DTM-typisches
Feigen-Aroma, das mir schon so oft über den Weg gelaufen ist, zum Beispiel in seiner
Reinform beim Elwood Flake No. 2. So frisch scheint er mir etwas feucht. Im Glas
stellt sich auch gleich eine RH von 80% ein, also etwas atmen lassen.
Pfeife 1
Links Pfeife 4: Rattray’s GD Coloss 147; Mitte Links Pfeife 3: Oldenkott Rubin 312;
Mitte Rechts Pfeife 2: Mastro de Paja Animus 2; Rechts Pfeife 1: Peterson Army Rustic 107
Hinein mit dem Grobschnitt in die Peterson Army Rustic 107, die noch keinen anderen
Tabak probieren durfte. Das gilt für die anderen auch, bis auf die Oldenkott. Also
unverfälschter geht es nicht. Das irische Rauchholz hat mit 10cm³ ein mittleres Volumen,
bei 20x41mm-Brennkammer. Das Einbringen fühlt sich stets nicht richtig an, durch
den wilden Schnitt hat man ständig das Gefühl zu locker oder anderorts zu fest gestopft
zu haben. Es empfiehlt sich, vorhandene Flakestücke vor der Hochofen-Beschickung
klein zu reiben. So haben 3g Tabak hierein gefunden und der Zug über den Meerschaumfilter
beruhigt etwas das Gewissen. Beim Anzünden stellt er sich nicht sonderlich auf und beim
Nachstreichen der Oberfläche fühlt sich die Füllung elastisch an. Allerdings braucht er
etwas mehr Feuer um gleichmäßig zu brennen, obwohl ein großer Anteil das Feuer willig
annimmt. Sofort macht sich auf der Zunge die Aromatisierung Pflaume/Feige breit, getragen
von einer ordentlichen Tabakbasis, die eher leicht ist. Das Nachstopfen tut ihm gut, so gibt
er viel Geschmack ab, wenn auch eher als Aroma, das als Nachgeschmack am Gaumen
den Mund auskleidet.
Die Pfeife wird dann mal heißer, gibt eher einen Dampf ab, dessen Geschmack wesentlich
dünner ist. Nachstopfen ist angezeigt. Mir fällt schon ein Perique-Geschmack auf, doch
dessen Körper kann ich nicht ausmachen. Nach einer dreiviertel Stunde lässt das Aroma
nach und die Tabakbasis setzt sich mit süßem Grundtouch durch. Regelmäßig
nachgeglättet brennt er sehr gut, häufige Relights brauch er nicht. So kurz vor seinem
Ende nach einer Stunde wird er würziger/salziger, wobei das Aroma fast gänzlich
verflogen ist.
Die Asche ist fein und hellgrau, es gibt ein paar unverbrannte Stückchen.
Der Pfeifenreiniger war schon ganz schön verschmiert und der Filter leicht verfärbt.
Pfeife 2
Die Mastro de Paja Animus 2 ist ebenfalls mittelgroß, dabei aber 10% kleiner als die
Peterson, trotzdem stopfe ich dieses Mal mit 2,9g fast genauso viel Tabak in die
20x39mm-Brennkammer. Der Zug ist daraufhin auch etwas kräftiger, aber mir gefällt
es so, man spürt, wie die Luft durch den Tabak rauscht. Die Quittung ist allerdings
ein glykolischer Geschmack bereits nach 10 Minuten und nach einer Viertelstunde
knickt er wieder etwas ein, wird dünner, heißer, leicht pfeffrig. Man muss immer
wieder glätten, dann spielt er mit und erholt sich wieder von seinem Knicks. So brennt
er brav, doch er neigt zum „Kaminbrand“, was aber auch an den neuen Pfeifen liegen
mag. Diesmal kommt das Ende nach rund ein einviertel Stunde. Wieder ist der
Meerschaumfilter leicht verfärbt. Nichts Außergewöhnliches…
Pfeife 3
In der Oldenkott Rubin 312 soll der sich bisher sehr zungenfreundliche „Brite“ ohne
Filter bewähren. In das 11,5cm³ größere Volumen passen 3,9g des großen Krautes,
welches sich auf den 21x39mm verteilt. Nach dem Anzünden ist er voll und satt
da, süßlicher Touch, aber auch künstlicher Aromaten-Charakter. Zwar ist der Tabak
präsenter, aber auch die glykolische Aromatisierung, die in Richtung „Marzipan“
abdriftet. Auch hier knickt er etwas ein und muss am Leben gehalten werden, was
filterlos etwas an der Zunge zwickt. In kleinen Sips ist er sehr angenehm. Nach
einer halben Stunde spuckt er etwas Kondensat und der Pfeifenreiniger kommt zum
(seltenen) Einsatz. Die größere Menge Tabak führt auch zu einer längeren
Brenndauer von einer Stunde und 40 Minuten, wobei diesmal ein typischer
feuchter Dottel aus der feuchten Pfeife stolpert, da wäre mehr drin gewesen, nur
wie..?
Pfeife 4
Keine gute Voraussetzung für Pfeife 4, die von den Maßen her eher einer Bodenvase
gleicht: die Rattray’s „The Good Deal“ Coloss 147 macht ihrem Namen Ehre: 16,5cm³,
ein sehr großes Volumen mit 24x45mm-Ofen, in den 5,9g English Perique gehen.
Durch den großen Querschnitt ist der Rauch von Anfang an satt, aber natürlich lässt
der „Knicks“ nicht lange auf sich warten. Nachdem er sich vollständig erholt hat,
setzt nach einer halben Stunde wieder dieses „Marzi-panische“ ein. Die Asche ist sehr
fluffig und der Tabak neigt wieder zur Kanalbildung. Nach einer Stunde startet er
nochmal richtig durch, ohne heiß zu werden. Das Aroma geht zurück, der Tabak
kommt mehr durch. Immerhin hält er so ein dreiviertel Stunde durch, was mir kurz
vorkommt. Dafür gibt es keinerlei unverbrannte Stücke in der feinen hellgrauen Asche.
Meerschaumfilter und Pfeife sind recht trocken.
Resümee
Wie schreibe ich das jetzt? Doch eher Hackbraten in Wildschwein-Bordeaux-Soße…
Den Namen „English“ finde ich etwas irreführend, eher „Danlish“ aus meiner Sicht,
und „Perique“ wird eher in homöopathischer Dosis drin sein, dafür hat er zu wenig
Körper. Den Rest hat man mit „Tastes like Perique“-Aroma aufgefüllt. Er ist ein
leichter Tabak, nur bei dem Coloss habe ich dank satter Rauchentwicklung das Nikotin
gen Ende gespürt. Aber die Basis ist gut und hat gewohnte DTM-Qualität. Dieses
Einknicken nach kurzer Zeit zeigt er jetzt gerade wieder, während ich das hier schreibe.
Ist also voll reproduzierbar. Insgesamt ist es ein guter dänischer Brite mit
Geschmacksrichtung „Fermentierte Pflaume und Feige“. Sein Abbrand ist gut,
ich musste auffallend wenig nachfeuern, das hatte ich bei dem groben Schnitt anders
erwartet. Die Raumluft ist tabakig süß mit einem Touch dunkler Trockenfrüchte, was
Nichtraucher nicht begeistert, mich nicht stört. Ein Tabak, den man mal rauchen kann,
nicht unbedingt muss, der sich aber zum Einrauchen von Pfeifen scheinbar gut eignet,
und das zu einem günstigen Preis von derzeit 16,15€ für 100g.
Und dafür werde ich ihn jetzt noch aufbrauchen…
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld
„Trust me. I´m the leading expert on my own opinion.”