- Offizieller Beitrag
St. James Plug
Von den ganzen Plugs, die ich in letzter Zeit erstanden habe, ist nun dieser hier noch
übrig geblieben, nebst dem Epikur von Pfeifen Huber. Letzterer darf noch was in der
Dose vor sich hin „gammeln“, der Samuel Gawith hat bereits gut ein dreiviertel Jahr
darauf gewartet vernascht zu werden. Und das im wahrsten Sinne seiner
Tabakbeschreibung, die sich ungefähr so liest:
„Originaler Perique wurde einem bereits köstlichem und schmackhaftem Blend von
feinen hellen Virginias zugefügt, um dem St. James diesen leicht pfeffrigen Charakter
zu verpassen, der so vielen Pfeifenrauchern gefällt. Mittlere Stärke“
Das ist in dieser trockenen, very british Werbeprosa recht dürftig, doch die die drei
Faktoren Virginia, Perique und Plug lassen mir den Tabaksaft im Munde zusammen-
laufen jetzt ist er dran. Seinen geschnittenen Flake-Bruder hatte ich bereits im Holz,
er wusste mich nur teilweise zu überzeugen. Mal sehen, was der abgelagerte Klotz
zu vermitteln weiß…
Tabakbild
Der „Tabakklumpen“ hat was von einem Stück altem Eichenholz. Er ist tiefbraun, fast
schon schwarz. Lasst Euch nicht von den Bildern täuschen, kommt sehr auf die
Belichtung an, manchmal erscheint er heller. Die „hellen Virginias“ sind verteilt hier
und dort auszumachen, alles was an dünnerem Blatt drin vorzukommen scheint, ist
entweder vom Perique-Saft beim Pressen abgedunkelt oder durch die Fermentation
ins tiefe Dunkel gestürzt worden. So ergibt sich eine Oberfläche, die an Zartbitter-
schokolade erinnert, ohne dass es schokoladig oder übertrieben süß riecht.
Das Klötzchen hat ein Gewicht von 59g, ist mit 27mm gut einen Zoll dick und fast
genauso breit (26mm) vom Händler zugeschnitten worden. Da er 71mm lang ist,
erinnert er an einen leckeren Zartbitter-Schokoriegel. Da kann man die Seeleute
verstehen, die sich eine Scheibe abgeschnitten haben und sie sich in den Mund stopften.
Der Geruch aus der Verpackungstüte erinnert mich allerdings etwas an einen Pferdestall,
was mich (unter Anderem) von diesem Vorhaben schnell abbringt. Im Glas an sich riecht
es modrig-heuig, eine Prise Sandelholz kann ich ausmachen. Schon besser. Also ab damit
unter die fette Schneide des Biltong-Cutters und hinein in die designierten Pfeifen.
Pfeife 1
Links Pfeife 3: Stanwell Featherweight 305; Mitte Links Pfeife 1: Butz Choquin Big Bowl 1302;
Mitte Rechts Pfeife 2: Peterson Aran A1; Hinten Rechts Pfeife 4: Peterson System Standard 312
Ich versuche den Tabak als erstes in einer Pfeife, die ich für Virginia/Perique-Blends gerne
heranziehen, Virginia/Kentucky mag sie auch: die Butz Choquin Big Bowl 1302 Half Bent
Calabash, ihr mittleres Volumen von 10cm³ läuft unten konisch zu. Von wegen BIG Bowl.
Eher Narrow (19mm oben) & Tall (44mm). Drei Flake-Scheibchen mit 4,5g gehen zum
Kügelchen gerollt in die Pfeife rein, nach oben wäre noch Platz für ein weiteres Scheibchen
gewesen. Der Tabak fühlt sich ölig, klebrig an, zwar ähnlich den Salzhunden von DTM, doch
noch eine Ecke intensiver. Trotz einer RH von 66% im Glas scheint er satt Restfeuchte zu
haben. Diesen Eindruck verstärkt er noch beim Versuch, ihn in Brand zu setzen. Hier zeigt
er sich sehr zickig, seitlich mag er gar nicht brennen, höchstens die Spitzen. Der Ungeduldige
verspürt den Drang nach dem Turbo-Flammen-Feuerzeug zu greifen. Wie jeder vernünftige
Pfeifenraucher gebe ich diesem Drang zugunsten meiner Rauchhölzer nicht nach. So muss
ich weiter vorheizen, ablegen, wiederanzünden usw. bis er beim vierten, fünften Anlauf
endlich glimmt. Puh, nix für Ungeduldige wie mich 😉. Aber dann verströmt er einen warmen,
weichen Rauch, der sich satt im Mund verteilt. Nur leicht süß, holzig, dunkel-heuige Noten.
Ich glaube nicht, dass er so völlig frei von einer Saucierung ist, das Lakeland-Aroma schwingt
ganz leicht mit, eine Kräutrigkeit, die nicht mit dem Ennerdale-Aroma verwechselt werden darf,
eher ein wenig Germain’s-artig. Der Grundgeschmack des RB Plugs ist herausschmeckbar. Dazu
gesellen sich erdig-muffige Töne, die sicherlich vom Perique herstammen. Der Nachgeschmack
am Gaumen erinnert mich an schwarzen Tee.
Nach fünf Minuten brennt er endlich vernünftig, ich muss aber regelmäßiger als sonst nachstopfen.
Umsortieren und kräftig nachzünden steht bereits nach einer Viertelstunde an. Das spricht für eine
„gute“ Kondensatbildung. Trotz höherer Kadenz, damit er nicht ausgeht, wird die Pfeife nicht zu
heiß, allerdings spüre ich einen „Knoten“ im Hals, der Perique lässt grüßen. Der Tabak neigt
zu „Kamin/Tunnel“-Brand und muss häufiger an der Oberfläche umsortiert werden. Liegt bestimmt
an seiner Feuchte.
Das Kondensat-Tröpfchen, dass mir nach einer halben Stunde in den Mund hüpft, bringen dieses
Sandelholz-Aroma mit, dass ich am Anfang gerochen habe. Nach erneutem Anfeuern wird er etwas
pfeffriger. Im weiteren Verlauf setzt sich diese muffige Erdigkeit des fermentierten Perique immer
stärker durch. Sehr schön. Auch nach einer Stunde braucht er wieder Feuer, schmeckt aber auch lecker
holzig, erdig, satt. Mir kommt er gut mittelstark vor, wird niemanden überfordern. 80 Minuten sind
rum und sein Rauchvermögen wird dünner, es geht wohl dem Ende entgegen, er bleibt mit
Meerschaumfilter zungenfreundlich. Ich kämpfe noch etwas mit dem Feuerzeug rum, doch
nach anderthalb Stunden ist der Spaß vorbei. Die Asche ist mittelgrau, im Konus hat sich ein Dottel
aus feuchtem Tabak gebildet. Der Filter ist recht nass und hat sich deutlich verfärbt. Im Holm
ist auch Feuchtigkeit vorhanden, läuft aber nicht raus. Der kalte Pfeifenkopf riecht etwas faulig,
ich muss den Tabak dringend trocknen lassen.
Pfeife 2
Dann nehme ich eben was kleineres mit der Peterson Aran A1, die ich gerne für Plugs rannehme.
Trotz einer Trockenzeit von einer Stunde fühlen sich die 3,4g Tabak, die in die 6,5cm³ wandern,
kaum anders an. Zum langen Lagern perfekt, zum schnellen Rauchen nicht. Die Fasern werden
diesmal längst eingebracht, die Pfeife ist (für mich) perfekt gepackt.
Das Anzünden geht diesmal etwas besser, es gucken ja auch die Spitzen raus, und er ist gleich
sehr präsent und dicht. Der Knoten im Hals meldet sich bereits nach zehn Minuten wieder.
Insgesamt ist der Tabak aber in der kleinen Pfeife nicht so ausgeglichen, brennt auch hier
unregelmäßig. Der Geschmack ist etwas rabiater, kräftig pfeffrig, würzig, prickelt etwas auf
der Zunge und brennt lokal heißer. Nach einer halben Stunde wird der Rauch auch dünner und
dampfig, seine Ursprünglichkeit erlangt er erst nach einer weiteren Viertelstunde wieder.
Es bleibt ein Wechselspiel der Gefühle mit häufigem Einsatz des Feuerzeugs. Gegen Ende wird
er teerig-erdig, der Geschmack erinnert mich an Eisenbahnschwellen im Garten. Ich quäle
ihn wieder auf etwas über 1,5 Stunden. Die Asche ist wieder grau und fest, mit karbonisierten
Reststücken an Tabak. Die Pfeife ist nicht sonderlich, der Filter eher normal feucht.
Pfeife 3
Das Glas mit dem Tabak habe ich über Nacht offen gelassen und „knete“ 3,9g vom Kraut
recht dicht in die mit 7cm³ etwas größere Stanwell Featherweight 305 Straight Billiard.
Die Trocknung scheint mir nicht so erfolgreich gewesen zu sein wie erhofft, anzünden
lässt er sich jedenfalls nicht besser. Er entwickelt sich aber so wie bei der Vorgänger-
Pfeife nur wird der Zug unangenehm streng. Ein Pfeifenreiniger beseitigt das Problem mit
dem „zugekneteten“ Rauchkanal, es war kein verstopfter Meerschaumfilter. Der Rest ist
wie gehabt, doch kommt er mir bei den kleineren Pfeifen linearer vor, dieser Wandel zur
pfeffrig-muffigen Erdigkeit geht unter, kann sich nicht so schön zeigen.
Brenndauer ist wieder 1:40h.
Pfeife 4
Mit der Peterson System Standard 312 prüfe ich jetzt die Zungenfreundlichkeit ohne
Filter, hoffe da auf eine gute Wirkung der „Kondensatkammer“. Und die braucht es
meiner Meinung nach auch. Die Pfeife ist recht schmal (19mm) und hoch (36mm)
und nimmt mit ihrem 9cm³-mittleren Volumen 4g Tabak auf, der nochmals über
24h komplett offen stand. Von den etwas ungleichmäßigen Flakes suche ich die
feinsten raus und rubbel sie komplett auf. Nach dem üblichen Feuertanz kommt der
Geschmack wesentlich rauchiger ohne Filter rüber. Das Lakeland-Aroma ist so
stärker vertreten. Aber er ist Zunken“aktiver“. Leider überzeugt er auch so nicht mit
großartigen Geschmacksänderungen über den Verlauf weg und die Pfeffrigkeit geht
eher in einer Zigarren-ähnlichen Rauchigkeit unter. Das Kondensat-Reservoir des
Peterson-Systems füllt sich lustig mit einer ordentlichen Menge Flüssigkeit, was
das Reinigen nach wiederum 1:40h zu einer ziemlichen Sauerei macht.
Nicht mein Ding, bin aber auch kein oFi-Raucher.
Resümee
Dieser britische, urige Block hat etwas. Er überfordert niemanden, kann aber für Kentucky-
Jünger etwas mehr Punsh vertragen. Gehöre ich zwar nicht zu, bin aber auch bei Virginia mit
Perique ein wenig mehr Wumms gewöhnt. Die Fähigkeit, sich entzünden zu lassen, ist
gelinde gesagt unter der von nassem Stroh. Der Tabak kommt, wie man es von Samuel
Gawith gewöhnt ist, sehr feucht daher. Mittlerweile stand das Glas schon mehrere Tage
offen und nun wird es was besser. Am Besten hat er mir in der Big Bowl geschmeckt.
Damit ich nicht dem „A new Tobacco“-Effekt zum Opfer falle und einfach alles für
fantastisch halte, was ich neu geöffnet habe, rauche ich ihn gerade nochmal in genau
dieser Butz Choquin Big Bowl. Ich möchte glauben, dass die konische Form der
Brennkammer dazu führt, dass sich der Geschmack über den Rauchverlauf hinweg
ändert und somit abwechslungsreicher wird. In den anderen Pfeifen konnte ich es so
nicht nachvollziehen.
Prinzipiell habe ich versucht nachzuvollziehen, warum der Tabak in den Staaten so
gehypt wird. Ehrlich gesagt konnte ich das nicht ganz, dafür ist er mir etwas zu linear,
der Geschmack zu wenig komplex. Für den Ein oder Anderen vielleicht ein Allday,
weil er nicht so fordert, für mich aber von der Handhabung her dann zu aufwendig.
Gut ist er schon, wenn er trocken genug ist, aber kein 3Ps, mir hat der Salty Dogs besser
geschmeckt. Vor einiger Zeit hatte ich die St. James Flakes zwischen und hatte bei denen
das gleiche Gefühl, gut, aber nicht spitze. Und dafür finde ich ihn zu teuer. Wer ihn also
probieren will, kann auch zur Dose Flakes greifen, die es (noch) im Fachhandel gibt. So
kann man ihn besser trocknen lassen und ich meine mich erinnern zu können, dass er in der
Flake-Version etwas mehr Kanten hatte und weniger durchfermentiert geschmeckt hat. Das
sollte aber keinen zu großen Unterschied machen. Die Raumluft ist tabakecht mit leichter
Süße, die gerne mal ins leicht Zigarrige gehen kann, was nicht jedem gefallen wird. Das
macht er aber nur, wenn man ihn so dampfig-feucht raucht.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld
„Trust me. I´m the leading expert on my own opinion.”