- Offizieller Beitrag
Clans of Scotland
Livinghardt
Hans Wiedemanns Tabake animieren mich stets zum Ausprobieren, auch wenn ich
mich bei seinen künstlich gealterten Tabaken bisher auf Grund der geringen
Verfügbarkeit und der relativ hohen Preise zurückgehalten habe. Aufgeschoben ist
aber nicht aufgehoben…
Nun hat er aus Reminiszenz an die kernigen Frauen und Männer und der rauen
Schönheit der nordbritischen Region Schottland eine Serie aromatisierter Tabake
herausgebracht, die er den Clans der Highlands widmet. Dabei hat er es von
vornherein darauf angelegt, Latakia-Mischungen so zu aromatisieren, dass sie
polarisieren. Also nicht „Everybody’s Darling“, eher „Eat or Die“.
Stephan war so nett, mir seine beiden Dosen zu überlassen und sie mir zu zuschicken.
Von hier nochmal meinen Dank dafür
Die erste Dose ist der Livinghardt, den ich nun einige Male verköstigt habe und die
sechs Seiten Notizen, die ich dabei zusammengekritzelt habe, jetzt zusammenzufassen
versuche.
Hans sagt zu dem Tabak:
„Beim Livinghardt habe ich lange mit mir gerungen, ob ich diesem Blend überhaupt
eine Aromatisierung mit auf den Weg geben soll. Die Mischung aus Virginia, Orient,
Latakia und Kentucky hat mich pur geraucht schon ordentlich beeindruckt. Die
Begeisterung hält an, auch wenn wir dem Blend jetzt ein ausgewogenes Aroma aus
säuerlichen Ben Lommond Johannisbeeren und süßer Vanille verpasst haben. Eher
dezent fruchtig und süß, jedoch mit der Kraft einer gestandenen englischen Mischung
überzeugt der Livinghardt auf ganzer Linie.“
Eigentlich kein Aromatenliebhaber, liebe ich aber Spezialitäten wie den Ennerdale
Flake von Gawith & Hoggarth, den Rum-Plug Salty Dogs von DTM und, wenn es
Latakia sein darf, den Navy Flake von Samuel Gawith oder Bob’s Chocolate Flake,
ebenfalls von Gawith & Hoggarth. Ob der Livinghardt mich derart begeistern kann,
muss sich herausstellen…
Tabakbild
Beim Öffnen der Dose wird man nicht gleich vom Stallgeruch des Latakia erschlagen,
eher hat er einen weichen dänischen Ausdruck. Diese Weichheit führe ich auf die Vanille
zurück, die ich nicht vom Gesamteindruck separieren kann. Wenn ich das Aroma schnell
durch die Nase einsauge, kann ich tatsächlich etwas Säuerlich-Beeriges vernehmen, was
auf die Johannesbeeren-Aromatisierung hinweist.
Ungefähr die Hälfte des Blattgutes ist hell- bis mittelbraun, der Rest ist fast schwarz.
Die Mischung besteht in erster Linie aus Ribbons, daneben einiges an Krümeln und,
eher selten bei HU, ein paar Blattrippenstöckchen. Der Tabak fühlt sich recht feucht
an, ist aber locker und entfaltet sich nach dem Zusammenpressen prompt wieder in
seinen Ausgangszustand. Ich würde die Konditionierung als perfekt für die erste
Pfeife bezeichnen.
Ab in die Pfeife…
Da es sich um einen mehr oder weniger feinen Ribbon handelt, wähle ich eine konservative
Füllmethode und bringe ihn in Dritteln in die Pfeifen ein.
Nummer | 1 | 2 | 3 |
Marke | Peterson | VAUEN | Oldenkott |
Bezeichnung | Donegal | De Luxe | Rubin 312 |
Typ | Straight | Full Bent | Straight |
Volumen | 12 cm³ | 7,5 cm³ | 11,5 cm³ |
Größeres | Kleineres | Größeres | |
Durchmesser | 19 mm | 19 mm | 21 mm |
Filter | 9 mm Meerschaum | 9 mm Meerschaum | Ohne |
Tabakmenge | 4,5 g | 3,3 g | 4,1 g |
Packmethode | Drittel-Methode | Drittel-Methode | Drittel-Methode |
Nachfeuern | 2 | 1 | 2 |
Abbrand | OK | OK | Teilweise einseitig |
Pfeifenkopf | Teilweise heiß | Teilweise sehr heiß | Teilweise heiß |
Glimmdauer | 1 h 51 min | 1 h 21 min | 1 h 48 min |
~ 25 min/g | ~ 25 min/g | ~ 26 min/g | |
Kondensat | Leicht | Kaum | Leicht |
Reinigung | Normal | Normal | Versifft |
Ganz zu Anfang ist der Latakia stark gezügelt, der Rauch aber durch seine Anwesenheit
schön weich. Die begleitende Fruchtnote wirkt nicht aufgesetzt und ist auch eher dezent.
Beim Ausatmen schmeckt man die Beere, Vanille ist nur als Abrundung zu erahnen. Nach
dem ersten Nachstopfen wird er sehr „krautig“ und undefinierbarer. Dann wird er heißer
und die Säure der Lommond Johannisbeeren (natürlich habe ich diese Sorte gleich
rausgeschmeckt 😉) tritt in den Vordergrund. Dabei wird er schärfer und die Fruchtigkeit
geht verloren. Rund eine halbe Stunde nach dem Anzünden ist davon nichts mehr zu
schmecken, oder vielleicht machen die eigenen Geschmacksknospen auch nicht mehr mit,
jedenfalls übernimmt der Latakia die Regie mit Säure und Schärfe. Im Hintergrund etwas
Blumiges, könnte der Oriental oder Reste der Aromatisierung sein. Der Rauch lässt daraufhin
nach, etwas Kondensat beginnt zu gurgeln. Nach dem Abkühlen reizt er trotzdem die Zunge
weiter. Er wird zwar wieder etwas fruchtiger, aber auch flacher. Dieser undefinierbare
Geschmack ist ganz gefällig. Ohne Vorankündigung geht die Pfeife aus, das Nachfeuern
quittiert der Tabak gleich wieder mit Hitze und Schärfe. Zum Ende hin wird er zum strengen,
sauren Engländer, der mir ganz gut gefällt, auch wenn ich es bei Latakia lieber ein wenig
samtiger mag. Das Aroma kann ich nicht mehr erschmecken. Das Finale ist schon sehr streng.
Übrig bleibt eine grisselige mittelgraue Asche mit einigen unverbrannten „Strunken“.
Der Filter ist erstaunlicherweise wenig verfärbt und normal feucht. Auch der Pfeifenkopf ist
relativ trocken, der Pfeifenreiniger zeigt deinen normalen Grad an Verschmutzung.
Ohne Filter geraucht hat er vom Anfang an einen Hang zur Bitterkeit und gibt mehrmals
mittels Blubbern das Signal zur Pfeifenreiniger-Reise. Dabei hat er mehr von Pferdestall mit
fruchtig-fauler Note. Dafür detektiert man im späteren Verlauf auch Holznoten. Das Finale
erscheint mir weniger harsch. Dabei hinterlässt er in der Oldenkott sehr wenig dunkelgraue
Asche mit wenig Unverbranntem, aber eine ordentlich versiffte Pfeife.
Resümee
Am Besten hat mir der Livinghardt, der derzeit für 12 Euronen im Fachhandel in der
flachen Runddose erhältlich ist, in der kleineren VAUEN Deluxe gefallen. Darin
hatte ich noch am Längsten etwas von der Aromatisierung und je nach Zugverhalten
wechselten sich die Beeren und der Latakia lustig ab. Vielleicht mag er keine
größeren Volumina. Seine Stärke liegt aus meiner Sicht etwas unter mittel.
Er ist recht ergiebig was die Brenndauer angeht, was ich auf das sanfte Ziehen
zurückführen würde um die Schärfe zu reduzieren. Allerdings brennt er nicht sehr
gleichmäßig. Ich war erstaunt, dass ich ihn nicht häufiger nachzünden musste,
teilweise brannte er nur zu 4/5.
Umgehauen hat er mich nicht und empfehlen kann ich ihn nur eingefleischten
Aromaten-Latakialiebhabern. Was mir überhaupt nicht gefällt, und meiner Frau
schon mal gar nicht, ist der Raumduft, egal ob frisch oder alt. Selbst nach Tagen
hat es im Zimmer gerochen, als wären im Pferdestall nebst Klepper noch ein Haufen
Früchte vergammelt.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld