Samuel Gawith
Cabbie’s Mixture
Wo ich doch momentan im Curlies-Rausch bin, mache ich gleich mit dem
nächsten VaPer in Kleingeld-Format weiter. Die Cabbie’s sind nun nichts
Neues, die Scheibchen aus dem Lakeland gibt es jetzt schon über 8 Jahre.
Dass sie noch nicht ihren Weg in meinen Tabakvorrat gefunden hatten, liegt
nicht zuletzt an ihrem stolzen Preis, sondern auch an ihrer Verfügbarkeit.
Nutzt nix, das ist genau mein Beuteschema und so versuchte ich im Februar
2022 zwei Säckel des Tabaks im Pfyffe Laade bestellen. Leider hat es vier
Monate (!) gedauert, bis unsere Schweizer Freunde in der Lage waren, das
Päckel zu verschicken, denn die Curly Cut-Produktion im englischen
Norden erstreckt sich zuerst über den inländischen Markt und läuft eh nur
phasenweise. Im Austausch gegen eine Niere konnte ich mich aber endlich
an diesen Tabak heranwagen. Auf den Tüten stand mal Garnichts drauf,
nur, dass wir alle sterben müssen, was an sich schon eine Überraschung für
mich war…🙄
Aber wenigstens hat Kopp, die nun den deutschen Markt mit dem Stöffchen
beliefern (wenn er denn verfügbar ist), ein paar warme Worte auf die perfekt
schließende Rechteckdose 😖 gedruckt:
„Ein gedrehter Twist Tabak aus Virginia-Umblättern, Virginia.Einlage und
einem innenliegenden Louisiana Perique-Blatt.“
Ja heiliger James, das hört sich eher nach einer Powerhouse-Zigarre als nach
einem Pfeifentabak an. Aber kneifen gilt nicht…
Tabakbild
Der Blick in die Dose offenbart eher ein Kraut und Rüben als den Inhalt einer
nordenglischen Registrierkasse. Viele der Coins sind ausgefranselt und wenn
man reinfasst, fällt zum einen auf, dass der Tabak Lakeland-typisch viel gut
bezahltes Wasser mitführt, zum anderen hat man viel Tabak als Ribbon-Cut
zwischen den Scheibchen, da diese scheinbar gerne ihren Rand abwerfen. Also
feucht genug ist er und sollte vor dem Verbringen ordentlich abgetrocknet werden.
Das Material ist mindestens dunkelbraun, die Kerne sind noch dunkler, gehen fast
ins Schwarze, ein freundlicher Gruß aus St. James Parish. Die deformierten Curlies
sind so 2x2 cm, von Durchmessern mag ich nicht schreiben.
Der Geruch aus Dose/Beutel ist einfach nur göttlich: Warmes Heu mit etwas
grasiger, mandelbitterer Schokoladen-Süße, aber nicht zu viel.
Ab in die Pfeife…
Der Tabak musste eine mindestens eine halbe Stunde vor der Verkostung aus der
Verpackung genommen werden, damit er halbwegs rauchbar in die Pfeife
eingebracht werden konnte. Bei der Scheibchengröße und -geometrie habe ich
wieder von kleineren Pfeifenköpfen abgesehen und auf gute Durchmesser geachtet.
Da er so feucht ist, er braucht auch nach zwei Jahren im Glas keine Befeuchtung, sollten
es auch nur gerade Pfeifen sein, tendieren diese nicht so sehr dazu, Kondensat zu bilden.
Nummer | 1 | 2 | 3 |
Marke | Holmer Knudsen | Bentley Pipemaster Former’s Design | Oldenkott |
Bezeichnung | Forumspfeife 2022 | 6-9.05 Royal Rustic | Grand Derby Luxe 16 |
Typ | Straight Apple Cutty | Hereford Half Bend | Straight Dublin |
Volumen | 10,5 cm³ | 9,0 cm³ | 10,5 cm³ |
Gut mittleres | Mittleres | Gut mittleres | |
Durchmesser | 20 mm | 19 mm | 20 mm |
Filter | 9 mm Meerschaum | 9 mm Meerschaum | Ohne |
Tabakmenge | 4,1 g | 3,4 g | 4,2 g |
Packmethode | Gekrümmel, | Gemisch in einer Wurst eingebracht | Unten locker, Curlies, Gekrümmel |
Nachfeuern | 3 | 3 | 5 |
Abbrand | Etwas ungleichmäßig | Etwas ungleichmäßig | Etwas ungleichmäßig |
Pfeifenkopf | Später heiß | Teilweise heiß | Teilweise sehr heiß |
Glimmdauer | 1 h 44 min | 1 h 24 min | 1 h 39 min |
~ 25 min/g | ~ 25 min/g | ~ 20 min/g | |
Kondensat | Deutlich | Deutlich | Deutlich |
Reinigung | Normal | Normal | Sehr versifft |
Ich habe wissentlich mit unterschiedlichen Packmethoden gearbeitet um zu sehen,
wie er darauf reagiert. Der Unterschied war allerdings nicht direkt wahrnehmbar.
Was mir negativ auffiel waren die Schwierigkeiten, die er mir filterlos bescherte.
Prinzipiell braucht er viel Betreuung durch den Stopfer und spuckt gerne
Kondensat, ohne Kartusche wurde es sehr sportlich. Bildet sich erst eine hellgraue
Deckschicht, wird er etwas gutmütiger. Die muss man aber immer züchten.
Er nimmt das Feuer trotz Krümmeldecke etwas unwillig an und braucht viel Feuer.
Dabei knuspert er kräftig auf der Zunge rum. Doch der Geschmack ist traumhaft,
Heu und Erde, süßlich mit leichter Schärfe, die ich vom Red Breast Plug schon
kenne. Der Rauch ist voll und satt, ein wenig Erde gesellt sich im Rauchverlauf
hinzu. Ab und zu muss man was kräftiger ziehen um den Ofen am Glühen zu
halten, dann geht die Temperatur aber ab und die Schärfe legt zu und beißt in die
Zunge. Ab und zu rauscht es im Kopf, da entsteht Kondensat. Nach einem Drittel
wird er würziger, komplexer. Pfeffer, Erde, Heu, nichts steht im Vordergrund,
doch die Temperatur steigt. Aus Röcheln wird Gurgeln, habe ich eher selten.
Ab der Hälfte wird er wieder heuiger und süßer, hat man sich vernünftig
gekümmert. Kurze Zeit später wird es wieder erdiger.
Im letzten Drittel geht er wieder aus, ich werfe etwas Asche ab und „reorganisiere“
die Oberfläche neu. Danach bekomme ich wieder satten Dampf mit süßlicher,
fauliger Walderde. Vor dem Ende wird er recht scharf, der Pfeffer hat sich über das
gesamte Rauchopfer gesteigert. Er ist nie mehr als mittelstark.
Ohne Filter konnte ich auch die typische Lakeland-Würzmischung in Anklängen
wahrnehmen. Die Raumluft ist brotig süß, schon aufdringlich, aber ohne
unangenehm zu sein.
Am Ende bleibt eine hell- und dunkelgrau gescheckte Asche zurück mit verkohlten
Reststücken, filterlos ist es ein ganzer feuchter Pfropfen.
Es ist schon etwas beschämend, nach einem Brandopfer zu sehen, was den Göttern
vorenthalten wurde...
Auf jeden Fall muss der Tabak gut, sehr gut vor dem Stopfen getrocknet werden,
ist er nach zwei Jahren im Glas immer noch sticky feucht.
Resümee
Diese Mixture, die eigentlich gar keine sein soll, sondern ein Twist Cut, hat es in
sich: Kräftige, tolle Aromen und eine stetig wechselnde Zusammensetzung eben
dieser haben schon was für sich. Leider beißt mir dieser Tabak kräftig in die
Zunge. Ich bin etwas verzweifelt, was seine Bewertung angeht. Zum einen ein
Paradebeispiel eines VaPers, der kalt wie angezündet das liefert, was der Liebhaber
will. Auf der anderen Seite beschäftigt er mich zu stark, bildet gerne Kondensat,
braucht dringend die Trocknung und ist mit 22,60€ die 50g sauteuer. Daher kann
ich keine uneingeschränkte Empfehlung geben. Er ist etwas für die Virginia-
Perique- und Curly-Fans, die eine robustere Zunge als ich haben und nicht so
stark auf ihn reagieren. Dann kann er fantastisch sein.
Ich habe noch einen ganzen Sack davon und lasse die Dosen erstmal altern in der
Hoffnung, dass er etwas Schärfe verliert.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch:Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung:Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln/kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld