HU Tobacco - Dark Sea (Pipe Enthusiasts Germany)

  • HU Tobacco

    Pipe Enthusiasts Germany

    Dark Sea

    Manchmal rauche ich schon mal gerne einen stärkeren Tobak, gerade wenn ich
    draußen unterwegs bin, eine steife Brise weht, es grau und kalt ist. Latakia geht da
    für mich eigentlich immer, ansonsten muss es schon ein kräftiger Virginia-Perique-
    Hammer sein, dessen Kreiselwirkung auf den Geist durch die Bewegung an der
    frischen Luft abgemildert wird.

    Da hat der Hans Wiedemann, ich glaube im Jahr 2022, so einen Outdoor-Tabak für
    die Pipe Enthusiasts Germany-Reihe herausgebracht, der auch der Night Owl und
    der Dark Moor angehören. Letzterer hat sich bei mir nicht durchsetzen können,
    aber HU und Seemannsgarn – da bin ich dabei…

    „Der „Dark Sea“ Seemannsblend basiert auf Ready Rubbed Virginias,
    Kentuckytabaken, Burley, Perique und einem Hauch Latakia Tabak.
    Abgeschmeckt wurde der Blend mit Rum und einem Anis Aroma, was seinen
    natürlichen Charakter unterstreicht und ihm einen maritimen Touch verleiht.
    Der „Dark Sea“ ist kein Leichtgewicht, das wäre ein Verrat an der Idee.
    Es handelt sich um einen Tabak mit präsenter Stärke und pfiffigem Aromenspiel
    und zeigt so das Seemannsleben von seiner schönsten Seite.
    Heuern Sie also an auf dem Schiff Richtung Abenteuer.“


    Tabakbild

    Dann legen wir mal ab: Der Blend besteht in erster Linie aus mittelbraunen Ready
    Rubbed Tabaken mit wenigen hellgelben Spitzen, die ich einem Virginia zuweisen
    würde. Einige größere Flake-Stücke durchziehen die Mischung, mir scheint, dass
    es sich hier um nicht gänzlich aufgerubbeltes Material handelt.

    Wer hat denn da geschludert, könnte man meinen? Ich mag sowas, da sieht man die
    Kunst des Pfeifentabakmischens. So ähnlich wie ein schrubbeliger Esstisch aus Naturborke
    gegenüber Ikea Ekedalen aus Pressspan. Dann kann ich auch „Meine Mischung“ rauchen….
    Der Griff in die Dose zeigt, dass der Tabak auf den Punkt konditioniert ist. Also ab
    ins Glas, von hier an kann es nur bergab gehen. Der Rüssel im Glas detektiert einen
    kernigen Dark Fired-Geruch mit einer Spitze Anis, der Rum ist nicht direkt zu
    erschnüffeln, vielleicht ist es diese leichte Süße, die die Komponenten miteinander
    verschmelzen lässt. Insgesamt erinnert mich die Saucierung an die aromatisierten
    Tabake der Graf Adolf-Reihe, die ersten, die ich mir vor zig Jahren bei Pfeifen
    Schmitz in Düsseldorf gekauft hatte. Sowas Richtung „Scottisch Mixture“ oder so
    war es gewesen.
    So, Nase in den Wind, klar zur Halse, Aye…

    Ab in die Pfeife…

    Der Blend ist nicht kompliziert zu stopfen, es kann sich aber empfehlen, ihn
    komplett aufzurubbeln, gerade wenn man ihn in den Kopf „dritteln“ will.
    Ich bevorzuge es, ihn so zu lassen wie er ist und das Wechselspiel der
    Komponenten zu genießen, dafür zünde ich dann lieber was häufiger nach.

    Da er nicht übermäßig feucht oder gepresst ist, nimmt er das Feuer sehr willig
    an und dichten, vollen Rauch ab, der klar Kentucky-geprägt ist und wesentlich
    sanfter ausfällt, wenn er mit Filter geraucht wird. Die Aromatisierung ist eher im
    Nachgang beim Ausatmen zu erschmecken und hält sich sehr im Hintergrund.


    Dabei bildet sich im Rauchverlauf ein zunehmender bitterer Nachgeschmack im
    Mund. Filterlos ist der Geschmack sehr kräftig, ledrig-pfeffrig mit leichten
    Holznoten und beißt etwas in die Zungenspitze und-flanken. Der Abbrand ist ganz
    ordentlich, mit Filter rauche ich ihn lieber was heißer, was er sowieso gern tut.
    Dann brennt er gleichmäßiger und geht bei regelmäßigem Nachstopfen auch nicht
    aus.

    Nummer

    1

    2

    3

    Marke

    Bentley Pipemaster Former’s Design

    Lorenzo

    Mastro de Paja

    Bezeichnung

    Royal Rustic
    6-0.04

    Spitfire 33

    Animus 03 Sand

    Typ

    Windsor Standup

    Paneled Half Bent Apple

    Half Bent Dublin

    Volumen

    9,5 cm³

    10,5 cm³

    11,5 cm³

    mittleres

    Gut mittleres

    größeres

    Durchmesser

    20 mm

    20 mm

    20 mm

    Filter

    Ohne

    9 mm Meerschaum

    9 mm Meerschaum

    Tabakmenge

    3,4 g

    3,8 g

    4,0 g

    Packmethode

    1 „Rolle“ mit Gebrösel

    Drittel-Methode

    Drittel-Methode

    Nachfeuern

    3

    1

    3

    Abbrand

    OK

    Gut

    OK

    Pfeifenkopf

    heiß

    heiß

    heiß

    Glimmdauer

    1 h 28 min

    1 h 16 min

    1 h 28 min

    ~ 26 min/g

    ~ 20 min/g

    ~ 22 min/g

    Kondensat

    wenig

    normal

    normal

    Im letzten Drittel reagiert er etwas allergisch auf zu intensives Nachstopfen und
    quittiert dann den Dienst. Wenn der intensive Geschmack, der filterlos wesentlich
    holziger daherkommt, nachlässt, ist es ein untrügliches Zeichen dafür, den
    Pfeifenstopfer vorsichtig über die Glut zu streichen und die Asche zu sortieren.
    Insgesamt eher linear geht er holzig, stark und gutmütig zu Ende, ohne Filter wie
    so häufig mit unverbranntem Dottel am Boden der Bohrung. Aber auch mit Filter
    lässt sich in der halb hell-, sonst dunkelgrauen und zum Teil feinperligen Asche
    etwas verkohlte und sogar gänzlich unverbrannte Tabakreste finden. Aber nichts
    dramatisches, liegt die sehr von der Stopftechnik und der Kadenz abhängige
    Rauchdauer im Normalbereich.


    Resümee

    Ich muss zugeben, dass ich mich sehr auf den „Dark Sea“ gefreut hatte, den es
    auch heute, drei Jahre und eine Unternehmensumstrukturierung später, noch für
    14,40€ die 50g-Dose zu erstehen gibt. Die Freude war so groß, dass ich schon
    einige Pfeifen davon geraucht hatte, bevor ich dieses Review in Angriff nahm.
    Ich erinnere mich an die erste, eine handmade Stanwell 11, die ich bei diesigem
    Wetter hervorragend fand, da nach Öffnen der Dose die Aromatisierung viel
    stärker mitgespielt hat. Je länger die Dose offen bzw. der Tabak im Glas abhängt,
    umso flüchtiger wird diese beim Rauchen. Eigentlich ein „Naturnaher“, finde ich
    es sehr schade, denn das Zusammenspiel war top. Ich konnte es aber mit jeder
    Pfeife (über einen Monat!) immer weniger herausschmecken. Diese erste Pfeife
    war damit der beste Smoke, den ich aus dem Tabak generieren konnte. Er ist schon
    recht kräftig, der Magen kann einem schon mal flau werden, damit passt er in die
    Reihe. Die Raumluft ist schwer gewöhnungsbedürftig schwer und leicht süßlich
    und stößt nicht unbedingt auf viel Gegenliebe, eben ein kerniger Ourtdoor-Tabak.
    Für Kentucky-Raucher ohne Abneigung gegen eine leichte Saucierung sicherlich
    ein „Must Try“, ist er für mich gegenüber den „Salty Dogs“ von DTM ein zweiter
    Sieger und geht mit mir nicht auf große Fahrt, ahrg…

    Bewertung:


    Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend

    Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel

    Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine

    Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung

    Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand

    Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld

    "Every morning I wake up thinking, 'Good, another 24 hours of smoking'"

    - J.R.R. Tolkien - 1966 -