- Offizieller Beitrag
Selected Blend Flake Cut
Die Notizen dieses Reviews liegen nun schon fast zwei Monate auf meinem Schreibtisch.
Allein des eher überschaubaren Interesses wegen komme ich jetzt erst darauf zurück und
möchte meine Erfahrungen mit diesem Tabak mit der Community teilen. Und da die Tage
kürzer werden bzw. sind und man bei, mmhh, ungünstigen Wetterbedingungen die meiste
Zeit in den eigenen vier Wänden verbringt, motiviert dies zusätzlich zur Extra-PC-Zeit.
Dieser Tabak durfte über ein Jahr auf die Öffnung der Dose warten. Laut Pfeifen Huber
wurden für den Flake nur Virginias verwendet, die leicht aromatisiert wurden. Womit dies
gemacht wurde, wird nicht wirklich verkündet, denn eine Raumnote „Natur Süße und Würze“
ist nicht wirklich aussagekräftig. Wahrscheinlich ist er nur gut gecased.
Egal, schaun mir mal…
Tabakbild
Auf der Homepage von Pfeifen Huber ist ein Tabakbild abgebildet, dass auf einen gut
dunklen und festen Flake schließen lässt. Auf Grund des Bildes hatte ich etwas erwartet, was
in Richtung Capstan Navy Flake geht, ähnlich fest und geschnitten wie die Mac Baren
Knüppelflakes (siehe oben rechts).
Nicht schlecht überrascht war ich dann, als die Dose offen war und mich der Tabak anlachte:
Aus dem Blech grinst mich ein sehr loser Flake-Strang an, den man schon fast als Broken Flake
bezeichnen könnte. Auch farblich ist die Ähnlichkeit zur Huber-Abbildung darauf beschränkt,
dass der Tabak braun ist, was auf eine Großzahl der Pfeifentabake zutrifft. Allerdings ist er viel
heller in Wirklichkeit. Ich halte ihn für mittelbraun mit helleren Blattguteinsprengseln.
Was mir beim Öffnen entgegenschlägt ist ein Traum von einem Tabakgeruch: Süßer Virginia
mit einem Orangen-Touch. Sehr appetitlich, kenne ich von einigen Blends, z.B. dem DTM
Limerick Flake. Das stelle ich häufig besonders intensiv fest, wenn das Kraut schon etwas länger
unter Vakuum auf seinen Einsatz wartet. Dieses hier von Huber liegt nun über ein Jahr im
Schrank. Der Tabak ist eher trocken, bricht leicht und bildet eine Menge Krümel. Bei Druck fühlt
er sich etwas klebrig an.
Pfeife 1
Von links nach rechts:
Pfeife 2: Stanwell Jahrespfeife 2008; Pfeife 3: Holmer Knudsen‘s Albion Fullbent;
Pfeife 1: Rattray’s Bog Oak 2000 Years SB5; Pfeife 4: Rattray’s Chabby Jackey Silver Grey
Erstes Rauchholz ist die just eingerittene Rattray’s Bog Oak 2000 Years SB5, eine Straight Billiard mit
10,5cm³ gut mittlerem Füllvolumen, geladen mit einer Meerschaumfilterpatrone. Vom losen Flake
werden 3,8g nach einer Art Knick- und Falt, soweit möglich, eingebracht. Der Tabak nimmt das Feuer
sehr leicht an, was nach seinem Feuchtegehalt auch zu erwarten war. Die Glut bäumt sich stark auf und
wirft gerne ein paar Funkenraketen, also Obacht.
Der Rauch ist für einen Virginia erstaunlich cremig, der Orangen-Touch löst sich auf in eine leichte,
fruchtige Süße mit viel warmen Heu aus der Sommerscheune. Kurz nach dem Start wird er etwas heißer
und verliert etwas Süße, wird aber nicht scharf. Nach einer halben Stunde ist die Süße gezähmt und der
Rauch nicht mehr so voluminös. Dafür neigt der Tabak jetzt zu Kaminbrand, also ist ein regelmäßiges
Sortieren der Glut erforderlich. Die Pfeife ist immer wieder sehr heiß ohne zu Beißen. Nach über einer
Stunde braucht er ein weiteres Mal die Flamme. Nach 1,5 Stunden ist das Rauchvergnügen am Ende
angekommen. Der Tabak kam mir gut mittelstark vor.
Die Asche ist relativ fein mit sehr wenigen unverbrannten Krümeln, der Filter gut nass und verfärbt.
Die Pfeife hingegen ist trocken und nur wenig verschmutzt.
Pfeife 2
Die Stanwell Jahrespfeife 2008, genauso groß wie Pfeife 1, nur Half Bent, nimmt 4,3g Tabak
auf, der erst am Strang und oben auf noch in Ball-Form gepackt wird. Dementsprechend
ist der Zug bei einem halben Gramm Bonus recht fest. Der Orangengeruch aus der Dose ist
jetzt schon fast verflogen und das Heu ist vorherrschend. Der Rauch ist wieder voll,
feinaromatisch süß mit Heu. Immer wieder wird der Pfeifenkopf sehr heiß, also dicht
stopfen ist bei dem Tabak kontraproduktiv. Auf der anderen Hand leidet der Geschmack
nicht sonderlich darunter. Also muss man aufpassen, dass der Kopf nicht anbruzzelt, denn
schmecken tut man es nicht. Nach einer Stunde lässt der Geschmack aber nach und die Pfeife
muss nachgefeuert werden. Der Zug wird immer dichter und die Asche gibt gut nach.
Das führt auch zu einer Serie von Nachfeuerungen und nach über zwei Stunden geht die
Pfeife nebst Holzgeschmack zu Ende. Asche ist wieder hellgrau, es gibt kaum Unverbranntes,
die Pfeife Trocken, der Meerschaumfilter normal feucht, aber gut braun.
Pfeife 3
Um den Tabak ungefiltert zu testen, muss eine der wenigen vorhandenen oFis herhalten, die
Albion Fullbent, die mit 8cm³ knapp mittelgroß ist. Den Tabak rubbel ich dieses Mal auf,
bei 3,0g ist es mir lieber so, auch wenn ich aus den Fasern eine Wurst forme und sie in den
Kopf drehe. Auch ohne Filter ist der Rauch süß und sanft, hat aber etwas Pfeffer. Nach Kurzem
entwickelt er aber schon etwas Schärfe auf der Zungenspitze und eine leichte Amaretto-Note.
In der Bent fängt es nach einer Viertelstunde bereits etwas zu gurgeln an und der Pfeifenputzer
kommt zum Einsatz. Im weiteren Rauchverlauf brennt es immer mehr auf der Zunge, bei mir
typisch beim Rauchen von Virginias, und es gurgelt immer wieder, der Pfeifenreiniger geht nicht
locker durch den Holm. Nach fast 1,5h wird er gehaltvoller, der Körper nimmt spürbar zu,
wobei die Schärfe zurückgeht. Beim Räumen der Pfeife nach 1:50h und häufigem Nachfeuern
und Kondensat-Aufnehmen, springt ein ordentlicher Dottel Resttabak heraus. Der Pfeifenreiniger
ist nicht übermäßig verschmutzt, aber triefend nass. Dabei ist der Kopf trocken. Insgesamt
eher ernüchternd.
Pfeife 4
Ebenfalls just gecaked ist die kurze Rattray’s Chubby Jackes Silver Grey, die sehr weit ist,
aber mit 9,5cm³ typisch mittelgroß. Der Army-Stecker wird wieder mit Meerschaumfilter
bestückt. Die 3,4g Tabak kommen zum Vergleich komplett aufgerubbelt in zwei Portionen
mit Krümeln obenauf in den Pfeifenkopf, was für eine fluffige Füllung sorgen.
Wie mit Filter gewohnt geht es süß, voll, heuig an. Nach Kurzem kommt wieder etwas
Strenge hinzu, was scheinbar an der Präparation liegt. Mir kommt er etwas aggressiver als
im Strang vor. Nach einer halben Stunde wird der Zug schwer, der Geschmack herb-süß.
Der kurze Holm spukt trotz Filter ein paar Tropfen Kondensat. Insgesamt muss ich fünfmal
Nachfeuern bis die Pfeife durch ist nach 1:36h. Meckern auf hohem Niveau, ist der Geschmack
nach wie vor Klasse. Die feine, teils Hellgraue Asche weist nur sehr wenige unverbrannte Stücke
auf, Pfeife ist trocken, der Filter überraschender Weise auch, und das bei wenig Verfärbung.
Resümee
Ein Klasse-Virginia durch und durch, ich mochte ihn sehr. Beziehungsweise mag ich ihn sehr,
denn während ich das Review beende, rauche ich auch dessen Reste. Nachschub ist bereits im
Haus, da werde ich mal beobachten, wie er nach längerer Reifung ist. Ich kann ihn
Virginia-Liebhabern sehr zu Herzen legen, auch wenn er mit 12,50€ für die 50g-Dose nicht
gerade ein Schnapperl ist. Bestimmt gibt es ihn als Hausmarke auch woanders, bei Peter Heinrichs
wäre er mir aber bestimmt aufgefallen. Eine direkte Aromatisierung konnte ich nicht feststellen,
aber frei von Zusatzstoffen ist er nicht. Ich würde es stark gecased nennen. Und man mag es kaum
glauben, aber dieses Casing kann sich in der Pfeife festsetzen, was ich bei der Chabby Jackey
feststellen durfte. Nachdem ich den Tabak einige Male darin geraucht hatte, schmeckten selbst die
DDLNRs darin nach dem Huber-Flake. Also eher eine Straight Billiard für ihn abstellen.
Da er bei zu dichter Stopfung etwas grellig wird, würde ich die Strang-Knick-Falt-Technik
empfehlen, da raucht er sich kühler, trockener, subtiler. oFi hat er mich wieder nicht so überzeugen
können, was aber auch an der Pfeife gelegen haben könnte. Bin halt ein mifer…
Die Raumluft riecht deutlich nach Tabak, allerdings weich und süß. Weder Zigarette, noch Zigarre
kann man riechen, allerdings auch weit entfernt von einem Aromaten. Wie schon geschrieben
kommt er mir gut mittelstark vor, für krabbelnde Finger reicht es aber nicht. Andauernd würde ich
ihn nicht rauchen wollen, auch wenn es sehr gut nebenher geht. Da würde ich mich stumpf dran
rauchen. Und er ist schon besonders und sollte schon bewusst geraucht werden.
Die Bewertungen auf der Huber-Seite kann ich nicht ganz nachvollziehen, ich fand ihn schon süß,
eigentlich nicht nach Brot schmeckend und auch nicht so ganz ohne Aromatisierung. Aber wenn
man die Farbunterschiede sieht, war es vielleicht auch mal ein anderer Tabak. Dieser hier hat aber
Eines mit den Bewertungen gemein: Es ist ein Ausgezeichneter.
Bewertung:
Geschmacksintensität: Laue Luft / Nett, aber dünn / Ausgeglichen / Dicht / Überwältigend
Nicotin-Punch: Cola / Milchkaffee / Schwarzer Tee / Doppelter Espresso / Kaffeeinstantpulver mit dem Suppenlöffel
Aromatisierung: Taschentuch unparfümiert / Frisch gewaschene Wäsche / Kuchen im Backofen / Duftbaum / Teermaschine
Raumnote: Blümchen / Neue Ledergarnitur / Tabakfabrik / Wohnzimmer-Lagerfeuer / Scheidung
Zungenaggressivität: Glas Milch / Prickeln / kurzer Zungenstress / langzeitiger Zungenstress / kurzer Zungenbrand / langzeitiger Zungenbrand
Empfehlung: Besser nicht probieren / Kann man probieren / Sollte man probieren / Muss man probieren / Wer nicht probiert ist selber schuld